Psychotherapie-Beratung beim IZP Berlin

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Was ist die „richtige“ Diagnose?

Leider „weiß“ dieser Standard-Online-Ratgeber aber nicht, dass schon die Diagnose, die es für Ihr Beschwerdebild gefunden hat, bereits problematisch ist.
Denn die Kriterien, d.h. die Symptome, die einer bestimmten Diagnose zugrunde liegen, zugrunde gelegt werden, sind keineswegs feste Größen über die Zeit, sondern variieren permanent, sind sozusagen ständig im Fluss.
Wie man so sagt, (und man sagt es nicht nur einfach so):
Fünf Psychotherapeuten stellen zu ein und demselben Fall fünf verschiedene Diagnosen.
Was für den einen eine mittelschwere Depression ist, kann für den anderen eine narzisstische Persönlichkeitsstörung sein.
Wie kommt das?

Die zuständigen „Instanzen“ für die Erstellung der „maßgeblichen“ Diagnosen sind
zurzeit:
Die ICD-11 (Die Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme – hier Kapitel VI: Psychische Störungen, Verhaltensstörungen oder neuromentale Entwicklungsstörungen). Als internationales Standardwerk.
Und
andrerseits das DSM-5 (Das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen). Vorwiegend in den Vereinigten Staaten.
Die „11“ und die „5“ deuten schon darauf hin, dass da dauernd etwas in Bewegung ist, dass es ständig zu Veränderungen, Erweiterungen, Zusammenfassungen und Differenzierungen kommt.
Das kann dann dazu führen, dass Personengruppen mit bestimmten Symptomen, die gestern noch als „krank“ galten, heute schon als „gesund“ freigesprochen werden.
Und umgekehrt.
Bei der Revision von ICD-8 zu ICD-9 z.B. wurde die Homosexualität als „Krankheit“ abgeschafft!
Also, alles ein Irrtum vorher?
Kein Irrtum nach damaliger wissenschaftlicher Sichtweise.
Alles eine Definitionsfrage:
Was als Krankheit bezeichnet werden soll. Und was nicht.
Jedenfalls in bestimmten Ländern wird diese Revision nicht anerkannt.
Man sträubt sich, will an alten „Werten“ festhalten.
Dafür kann anderswo es zu einem wundersamen Anstieg von Krankheitsfällen kommen. Z.B. bei ADHS mit Erscheinen von DSM-5, durch Reduzierung der Symptomkriterien. Sodass heute sich fast jeder für „ADHS-krank“ halten dürfte.
(Die Pharma-Industrie war nicht unglücklich über diesen „Fortschritt“).
Im ICD-11 wurden gleich neue Krankheitsbilder geschaffen, z.B. „Gaming Disorder“ (Computerspielstörung).
Andere Krankheitsbilder verschwanden dagegen von der Diagnose-Bildfläche.
So z.B. das Asperger-Syndrom.
Es wurde verschluckt vom ehemals schlanken „Autismus“,
der sich daraufhin ausweitete zur „Autismus-Spektrum-Störung“.
Usw, usw.
Diese permanenten Wandlungen, Grenzverschiebungen, Teilungen und Verschmelzungen innerhalb der offiziellen Diagnostik erklären, warum es vom DSM-1 von 1952 mit 108 Diagnosen („Krankheiten“), bis zum DSM-5 mit 354 Diagnosen zu einem inflationären Anstieg von „Krankheiten“ gekommen ist.
Und weiter kommen wird.

Was also ist die „richtige“ Diagnose?
Für Ihren Fall?

Die Diagnose „Depression“ z.B. kann weiter oder enger gefasst werden in ihrer Symptomatik, mit fließenden Übergängen zu anderen Diagnosen und auch mit fließenden Übergängen selbst zu dem, was schon/noch als „gesund“ gelten soll:
Also, habe ich überhaupt eine Depression oder etwas anderes, bzw. bin ich eigentlich noch „gesund“ oder schon „krank“?
Das ist hier die Frage.
Mit solchen Feinheiten hält sich der Online-Ratgeber nicht auf.
Er tut, als ob es gar kein (Diagnose-)Problem gäbe.

Ein persönliches, individuelles Gespräch wäre also bei dieser Sachlage schon eine gute Wahl.
In Anbetracht einer wankenden und schwankenden Diagnose-Landschaft.
Lassen wir uns aber nicht schwindelig schaukeln:
Bleiben wir bei den Symptomen selbst.
Nur bei den Symptomen.

    

Informationszentrum Psychotherapie Berlin e.V.