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Psychoonkologie: psychologische Unterstützung bei Krebserkrankungen

Unter einer schweren und lebensbedrohlichen Krankheit zu leiden, bedeutet für Betroffene eine enorme psychische, körperliche und soziale Herausforderung. Insbesondere Krebs gehört zu solchen Krankheiten und hat zudem weltweit eine sehr hohe Prävalenz. Im Jahr 2024 wurden in Deutschland rund 500.000 Menschen neu mit Krebs diagnostiziert. Diese Zahl entspricht dem langjährigen Trend von jährlich einer halben Million Neuerkrankungen hierzulande. Laut dem Statistischen Bundesamt war Krebs mit 21.7% im Jahr 2022 die zweithäufigste Todesursache in Deutschland nach Herz-Kreislauferkrankungen mit 33.6%.

Daher gewinnt die frühzeitige Erkennung und die Verbesserung der Heilungschancen von Krebs immer stärker an Bedeutung. Die psychoonkologische Unterstützung von Krebskranken gehört in Deutschland mittlerweile zu einer festen Säule in der stationären Krebsbehandlung und ergänzt die medizinischen Methoden. Nach der Entlassung aus der Klinik werden die Krebspatienten in der Regel weiter ambulant über einen längeren Zeitraum medizinisch behandelt. Eine entsprechende fortgeführte psychologische Betreuung wäre ebenfalls sinnvoll und käme auch dem Wunsch vieler Patienten entgegen.

Das IZP bietet Beratung für Betroffene und ihren Angehörigen, um herauszufinden, wo der individuelle Unterstützungsbedarf liegt und welche psychoonkologische Beratungs- bzw. Therapiemöglichkeiten für sie in Frage kommen könnten.

Dauerstress und eine veränderte Immunantwort
Krebs ist eine Gruppe von Krankheiten, bei denen sich die mutierten, potenziell krebsartigen Körperzellen ungehindert teilen, dabei gesundes Gewebe zerstören, sich im Körper ausbreiten und sogenannte Metastasen (Tochtergeschwülste) bilden können. Typisch für Krebs ist, dass die körpereigenen Zellen entarten, ihre Funktionen verändern und dadurch der Zerstörung durch das Immunsystem entgehen. Die Ursachen für Krebs sind multifaktoriell und werden oft auf die Einwirkung schädlicher Umweltfaktoren (z. B. UV-Strahlung, chemische Karzinogene) zurückgeführt, aber auch Lebensstil (z. B. Ernährung, Rauchen, Alkoholkonsum), bestimmte Infektionen (z. B. HPV, Hepatitis-Viren), sowie hormonelle Einflüsse und genetische Veranlagung spielen eine bedeutende Rolle. Während diese Faktoren oft als primäre, direkte Ursachen für Krebs gesehen werden, stellt Immunschwäche eine zusätzliche Bedingung für die Krankheit dar, indem sie die Vermehrung und Verbreitung entarteter Zellen nicht mehr wirksam unterdrückt. Es gibt auch Krebsarten, die im besonderen Maße mit Immunschwäche und nicht primär mit Einwirkung schädlicher Umweltfaktoren assoziiert werden, wie z.B. Lymphome, Sarkome, HPV- Karzinome. Bei der Frage nach den Ursachen für Immunsuppression rückt in den letzten Jahren zunehmend auch die psychische Gesundheit als Einflussgröße für die Qualität des Immunsystems in den Fokus der Forschung. Dabei wird Dauerstress, der oft ein hoher, langanhaltender psychosozialer Stress ist, mit einer veränderten Immunantwort (Immunsuppression) in einem direkten kausalen Zusammenhang gesehen, d.h., dass chronischer Stress zu einer Immunschwäche führen kann. Dieser Zusammenhang ist vor allem psychoneuroimmunologisch, aber auch medizinisch und psychologisch gut erforscht. Im Gegensatz zu einer kurzfristiger Stressreaktion, bei welcher die Produktion der Hormone Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin nach dem Ende der Stresssituation zurückgefahren wird, bleibt bei chronischem Stress die Cortisolausschüttung über Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) oft dauerhaft erhöht. Dies wirkt sich negativ auf viele körperliche Prozesse aus und kann zu einer Immunsuppression führen, d.h. zur Beeinträchtigung der körpereigenen Fähigkeit, entartete Zellen frühzeitig zu erkennen und zu eliminieren. Zudem fördert Stress entzündliche Prozesse, die laut epidemologischen Studien als begünstigender Faktor für die Krebsentstehung gelten.
Auch die Psychoneuroimmunologie (PNI) als ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das die Wechselwirkungen zwischen Psyche, Nervensystem und Immunsystem untersucht, liefert Erklärungsansätze dafür, wie psychische Belastungen biologische Prozesse beeinflussen können, und bildet damit eine wissenschaftliche Grundlage für das Verständnis der biopsychosozialen Aspekte der Krebsbehandlung.

Arbeitsbereiche der Psychoonkologie als Teil der Onkologie
Psychoonkologie als interdisziplinärer Bereich zwischen Onkologie und Psychologie beschäftigt sich mit der psychischen Verarbeitung einer Krebserkrankung, den emotionalen und sozialen Belastungen sowie mit der Wechselwirkung dieser Faktoren auf den Krankheitsverlauf. Die Diagnose „Krebs“ bedeutet einen enormen Einschnitt im Leben der Betroffenen. Es ist daher naheliegend, dass bei Krebserkrankungen der Stressbewältigung eine entscheidende Bedeutung zukommt. Ein konstruktiver Umgang mit Stress zählt zu einem der wichtigsten Faktoren der Resilienz, einer Fähigkeit, trotz schädlicher Umwelteinflüsse psychisch und physisch gesund zu bleiben bzw. eine Krise oder eine Krankheit besser zu bewältigen. Und genau hier liegen die Schwerpunkte der Psychoonkologie: in der Stressbewältigung und Resilienzbildung. In ihrem Ansatz geht die Psychoonkologie davon aus, dass jeder Mensch, auch im Krankheitsfall, über psychische Ressoursen verfügt, die möglicherweise durch den Schock einer Krebsdiagnose zunächst unzugänglich sind. Wichtig wäre es, sie zu reaktivieren, um die Resilienz zu steigern und damit die medizinische Behandlung zu unterstützen und den Krankheitsverlauf insgesamt günstig zu beeinflussen.

Stressfaktoren wie Ängste, Depressionen, Veränderungen der Körperfunktionen oder des eigenen äußeren Erscheinungsbildes bei Krebs, aber auch im beruflichen und sozialen Umfeld der Krebskranken können deren Selbstwahrnehmung und Selbstwertgefühl beeinträchtigen, was wiederum die Lebensqualität und die medizinische Behandlung zusätzlich destabilisieren.

Eine der größten Herausforderungen stellt hier die Progredienzangst dar, die Angst vor dem Fortschreiten der Erkrankung. Sie resultiert aus einer potenziellen Bedrohung, die eine lebensgefährliche Krankheit mit sich bringt. Die Progredienzangst ist eine normale Reaktion, die aber zu große Ausmaße annehmen und daher behandlungsbedürftig werden kann.

Einige Methoden der Psychoonkologie stammen aus der Traumatherapie, wie z.B. TRUST-Methoden (Techniken Ressourcenfokussierter Und Symbolhafter Traumabearbeitung) und sind darauf ausgelegt, Angstreduktion und Resilienz explizit zu fördern. Studien belegen, dass eine gelungene Psychotherapie sogar auf Zellebene wirkt und damit das epigenetische Umfeld unserer Gene positiv beeinflussen kann. Nicht nur negative Umwelteinflüsse, wie Dauerstress, sondern auch positive Lebensereignisse können die Aktivität unserer Gene verändern. Dies kann Immunmodulationen begünstigen, die das Immunsystem stärken und dessen Fähigkeit, Tumore zu bekämpfen, erhöhen.

Psychoonkologische Begleitung kann damit zum ganzheitlichen Umgang mit der Krankheit einen großen Beitrag leisten, indem Sie lernen, wie Sie den Verlauf der Krankheit optimal selbst beeinflussen können.

    

Informationszentrum Psychotherapie Berlin e.V.